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Thomas Witzmann
wurde 1958 geboren. Er studierte von 1980 bis 1985 Schlagzeug bei Christoph
Caskel an der Musikhochschule Köln. Seit 1982 Konzerttätigkeit als
Interpret und Solist für Neue Musik in Deutschland, Europa und den USA.
Seit 1986 engagiert er sich vor allem im Grenzgebiet zwischen Neuer Musik, Jazz,
Improvisation und Musiktheater. 1992 erhielt er ein Stipendium der Akademie
Schloss Solitude in Stuttgart, war 1993 Künstlerischer Leiter des "Atelier
Europa `93" und schreibt seit 1994 neben Kammermusik- und Orchesterwerken Bühnenmusiken
für das Düsseldorfer- und Hamburger Schauspielhaus.
Flaschenzug (1990)
- Kunst ist Nahrung
- Lebensmittel
- Tischkultur
Rommelpott (1991)
Flämisch/Altdeutsch
Brummtopf: aus der Familie der Reibetrommeln, wie auch Waldteufel, Löwengebrüll oder Cuica (aus Lateinamerika)
Der "Rommelpott" ist ein flämisch/altdeutscher "Brummtopf", ein Instrument
aus der Familie der Reibtrommeln. Im Inneren einer Trommel ist ein Stab
oder eine Schnur befestigt, die mitten durch das Fell hinausführt.
Bei Witzmann wird das andere Ende der sechs bis zehn Meter langen Schnur
in eine zweite Trommel durch deren Fell hineingeführt. Der Spieler
hält die Mitte der Schnur in den Händen und kann die Trommel
durch Reiben der gespannten Schnur zum Klingen bringen. Die Brummtöpfe
sind am Boden fixiert, damit die Schnur gespannt gehalten werden kann.
Drei solcher Brummtopfpaare mit unterschiedlichen Schnurlängen und
Felldurchmessern sind rings um die Hörer herum im Einsatz. Ihre Schnüre
werden gerieben, geschlagen, gezupft und mit einem Kontrabassbogen gestrichen.
Durch die Art der Bogenführung oder des Anreissens, durch die Spannung,
die man dabei der Schnur gibt, durch die Schnurlänge, die man abgreift,
wirkt man in verschiedenster Weise auf den Klang des Brummtopfes ein.
Das urwüchsige, ja geradezu archaische Ergebnis ergänzen weitere
Instrumente, so Tamtam, chinesischer Operngong, Sirene, Waldteufel und
Sandpapier. Es handelt sich durchweg um rein akustische Klangerzeugung,
auch wenn manche Wirkung wie elektronische Musik anmutet. Und auch bei
diesem Stück geht es nicht zuvorderst um originelle Klangwirkungen,
sondern um die Hervorbringung von differenziertem Material, auf dessen
Basis erst der Kompositionsprozess beginnt. Witzmann arrangiert sein Werk
in einem regulären Vierviertel - Takt. Er entwickelt seine Klangbausteine
und verdichtet ihre Folge. Synkopen und durchbrochene Triolen komplizieren
den Rhythmus. Reihen von trockenen, raschen Perkussionsschlägen kontrastieren
mit den dunklen Klangflächen der Brummtöpfe. Häufig arbeitet
Witzmann mit gegensätzlicher Dynamik und Klangkonfrontationen, bis
das Stück pianopianissimo ausklingt.
Robert von Zahn
Uraufführung am 26. Januar 1991 in Köln, Schlagquartett Köln
Cymbala (1992)
Griechisch/Lateinisch: Beckenpaar
Dreisatz 1994 (1994)
- Musik und Mathematik
- Disziplin und Chaos
- Kopf oder Zahl
Uraufführung am 9. September 1994 in Köln, Schlagquartett Köln
Rattle Shake (1994)
Nomen est omen
Uraufführung am 9. September 1994 in Köln, Schlagquartett Köln
Um Formung (2004)
Architektur-, Musik- und Tanz-Inszenierung im und um das Domforum für vier Tänzerinnen und vier Schlagzeuger
Das Thema dieser Inszenierung ist die Architektur des Domforums. Durch musikalische und theatralische Mittel wird diese faszinierende Räumlichkeit in ein neues Licht getaucht und so ihre verborgenen Qualitäten sinnlich anregend erfahrbar gemacht.
Von außen eher unscheinbar bietet der Veranstaltungsraum von innen einen spektakulären Rundumblick über die Domplatte mit Dom, Hauptbahnhof und Kreuzblume. Über den Köpfen der Zuschauer erstreckt sich über die gesamten fünf Stockwerke bis hin zum Glasdach ein quadratischer, innen verglaster Lichthof, der im ersten Stock durch einen kreisrunden Einschnitt begrenzt wird.
Zu Beginn der Aufführung werden die beiden Glasflächen in ihrer rautenförmigen Unterteilung mit passgenau geschnittenen Tüchern verhängt, die im folgenden von den Tänzerinnen einzeln oder segmentweise abgenommen werden und so den Blick ausschnittsweise wieder freigeben. Das Rondell des ersten Stock wird mit einer Folie ganzflächig bedeckt und erinnert so an eine überdimensionale Trommel.
Während der Blick der Zuschauer zunächst eingeengt wird, entwickeln sich die Klänge von weit auseinander gelegenen Positionen (wie im Keller und unter dem Dach). Das Klangmaterial ergibt sich überwiegend durch perkussive Behandlung (schlagen, reiben, kratzen ...) von vorhandenen Raumbestandteilen, wie Fenster, Geländer, Türen etc.. Mit unterschiedlichsten Schlagwerkzeugen (Schlägel, Superbälle, Gewindestäbe u.a.) werden so der Architektur selbst die verschiedenartigsten Klänge entlockt.
Nach und nach wird das Geschehen nach außen verlagert bis die Domplatte das Szenario quasi als Bühnenbild für die Tanzaktionen ergibt. Die Passanten werden zum Teil der Performance oder als Beobachter zum Spiegelbild der innen sitzenden Zuschauer; die Glasflächen lassen sich deuten als semipermeable Membran zwischen innen und außen und akustisch als eine Art Trommelfell.
Die Inszenierung im Rahmen des Alltags
Uraufführung am 31. April 2004 in Köln, Schlagquartett Köln
mehr Informationen über Thomas Witzmann: www.witzmann.com
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